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Gestern fand im Rahmen des Ambientfestivals Zivilisation der Liebe, welches bereits zum sechsten Mal stattfindet, den zweiten Tag zu erleben. Als außergewöhnlicher Spielort dient die Kölner Basilika St. Aposteln, die im Innern durch Dia- und Video-Projektionen sowie Lichtspielen in eine ungewöhnliche Atmosphäre getaucht wird. Das dreitägige Festival steht in diesem unter dem Motto De Profundis (Aus der Tiefe) und verbindet Ambient, Techno und Contemporary Musik, also die elektronische mit der instrumentalen Musik. Am ersten Abend mit dem Titel MinusEins gab es düstere Klänge von dem Engländer Simon Scott und der schwedischen Gruppe Tape zu hören.

An diesem zweiten Abend - Plus/MinuNull - erwarten uns Bill Wells & Stefan Schneider und das Avantgarde-Duo Phantom/Ghost. Bei unserer Ankunft pünktlich um 21 Uhr an der Basilika hatte sich bereits eine lange Schlange am Einlass gebildet, die sich nur relativ langsam den Weg ins Innere bahnte. Von außen deutete abgesehen von der Menschenmenge, die sich vor der Kirche an diesem Freitagabend tummelte, nichts auf dsa Festivalgeschehen im Innern hin. Doch nach Eintritt in die heiligen Hallen wurde man durch die komplett raumfüllenden Dia-Projektionen und das farblich stetig wechselnde Licht in eine andere Welt manövriert. Die Sitzbänke des spätromanischen Kirchenraumes waren bereits besetzt, im vorderen Teil der Kirche schienen diese entfernt worden zu sein, stattdessen fanden sich dort Perserteppiche und Sitzkissen, die ebenfalls schon reich bevölkert waren. Die Menschen unterhielten sich leise oder ließen sich von der Atmosphäre und den Lichtern tragen, manche inspizierten dabei die gesamte Kirche, andere wiederum machten es sich gemütlich und behielten nur einzelne Bereiche im Blick. Besonders als dann nach kurzer Zeit der Düsseldorfer Tape-Musiker Stefan Schneider (spielt auch bei To Rococo Rot) im ungewöhnlichen Zusammenspiel mit Bill Wells am Flügel mit seinen Klangkompositionen begann und die Stimmung noch einmal mystischer wurde. Schneider arbeitet mit zwei Tape-Rekordern und einem Roland Echo 301, zeichnet das Pianospiel im klassischen, kammerspielartigem Gewand von Bill Wells auf und lässt dieses dann in anderen Geschwindigkeiten wieder abspielen. Wells antwortet daraufhin mit neuen Variationen in anderen Tonlagen. Das Ganze beginnt sehr ruhig und steigert sich langsam, wobei der Ambient-Charakter durchgehend erhalten bleibt. Ein in Kombination mit den Licheffekten und Dia- und Laserprojektionen stimmiger Auftritt der ganz leisen und ruhigen Art.

Zivilisation der LiebeIn der kurzen Pause sortierte sich die Anrodnung des Publikums teilweise neu, bevor man sich dann für den Auftritt von Phantom/Ghost wieder setzte, legte oder wie auch immer. Phantom/Ghost sind Dirk von Lowtzow, der vor allen Dingen durch seine langjährige Präsenz als Sänger der Gruppe Tocotronic bekannt ist, und Thies Mynther, der ansonsten bei Superpunk, Das Bierbeben oder auch Stella zu Gange ist. Zu Beginn von Phantom/Ghost bestanden deren Alben aus seichter elektronischer Musik aus Mynthers Hand, dazu kam die markante Stimme von Lowtzow's, die er bei diesem Projekt immer in englischer Sprache einsetzt. Mit ihrem letzten Album haben Phantom/Ghost aber der elektronischen Untermalung ihrer Kompositionen weitestgehend abgeschworen und klingen teils folkig oder auch mal wie in einem Musical. So auch an diesem Abend, an dem Dirk von Lowtzow nur vom Flügel Mynthers begleitet wird, keine sonstigen Klangerzeuger kommen zum Einsatz. Die Stimme wird sozusagen beflügelt...und das passte wieder perfekt in den abermals in wechselnde Farben gehüllten Kirchenraum der Basilika St. Aposteln. Die Atmosphäre wirkte eindringlich und intim, wenn die Beiden ihre Lieder aus allen bisher veröffentlichten vier Alben vortrugen. Auch Stücke der ersten Alben werden uns dargeboten, wobei diese von ihrem eher elektronischen Grundgerüst komplett und radikal auf die gegebene Kombination aus Piano und Stimme heruntergebrochen wurden. Das Publikum lauschte andächtig bis zum letzten Ton und quittierte jeden vorgetragenen Song mit dem verdienten Applaus. Nach rund 45 Minuten haben Phantom/Ghost ihren Auftritt mit Knicks beendet, doch der anhaltende Applaus veranlasste die Herren dazu, sich noch zu einer kleinen Zugabe hinreissen zu lassen. Diese bescherte uns dann noch einmal zwei weitere Songs aus dem Schaffenswerk von Phantom/Ghost, die Beiden bedankten sich ganz artig beim Publikum und verschwanden dann im "Backstage"-Bereich der Kirche. Ein schöner und wie erwähnt sehr intimer Auftritt von Phantom/Ghost, der die Qualitäten der beiden Musiker wundervoll repräsentierte. Mit ihrem Projekt hat das Duo Phantom/Ghost eine Nische belegt, die sicherlich nicht Jedermanns Sache ist, doch für den interessierten und für Neues offenen Musikliebhaber ist dies sicherlich eine lohnenswerte Geschichte.

Zivilisation der LiebeHeute, am 29.01.2001 und somit dem letzten Tag des 6. Ambientfestivals - Zivilisation der Liebe gibt es mit der Veranstaltung PlusEins den Festivalschluß mit dem Marsen Jules Trio aus Dortmund, die Geigen mit Elektronik verbinden, sowie Dustin O'Halloran, der Pianist us Los Angeles ist und seine Kompositionen vortragen wird. Wer sich die einmalige Atmosphäre der Basilika St. Aposteln im Rahmen dieses sehr sympathischen und entspannten Festivals noch erleben möchte sollte sich heut Abend noch auf den Weg nach Köln machen, es lohnt sich.

 

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